Unterlassungsschuldner haftet nicht für Websites Dritter
Ein Schuldner verstößt nicht gegen eine gerichtlich titulierte Pflicht zur Unterlassung, wenn entsprechende Inhalte auf Websites von Dritten veröffentlicht werden und der Schuldner dies weder unmittelbar noch mittelbar veranlasste (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.10.2020, Az.: 20 W 71/19).
Sachverhalt:
Die Gläubigerin erwirkte gegen die Schuldnerin, beides Anwaltskanzleien, ein Anerkenntnisurteil des LG Düsseldorf vom 17.10.2016, wonach der Schuldnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde, unter der von der Gläubigerin markenrechtlich geschützten Bezeichnung aufzutreten.
Obwohl die Schuldnerin umgehend die von ihr beauftragte Eintragung bei „Das Örtliche“ löschte, war sie in der Folgezeit weiterhin bei google.de unter der betreffenden Bezeichnung auf anderen Portalen (u.a. „GoYellow“, „golocal.de“, „y.stadtbranchenbuch.com“ und „cylex.de“) zu finden. Jene Drittseiten übernahmen diese Einträge ohne Wissen und Wollen der Schuldnerin und ohne beauftragt worden zu sein.
Auf Antrag der Gläubigerin verhängte das Landgericht durch Beschluss ein Ordnungsgeld gegen die Schuldnerin. Dabei wurde ausgeführt, dass die Schuldnerin aufgrund des Urteils nicht nur für die Löschung der von ihr beauftragten Eintragung zu sorgen habe, sondern auch für die Einträge auf anderen gängigen Internetportalen, zumal auch diese ihr wirtschaftlich zugutekämen und auf der von ihr beauftragten Eintragung beruhten.
Nach sofortiger Beschwerde der Schuldnerin setzte das Gericht das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob ein Dritter eine Marke in rechtsverletzender Weise benutzt, wenn die Eintragung auf einer Drittseite nicht von ihm selbst platziert, aber von der Website übernommen worden ist, auf der der Dritte eine solche markenrechtsverletzende Eintragung veranlasste.
Diese Frage wurde dahingehend beantwortet, dass eine Person, die auf einer Website eine Eintragung platzieren lässt, durch die eine Marke eines Dritten verletzt wird, ein mit der Marke identisches Zeichen nicht benutzt, wenn die Eintragung von Betreibern anderer Websites übernommen wird, indem diese auf eigene Initiative und im eigenen Namen auf deren Websites veröffentlichen (EuGH, Urteil vom 02.07.2020, Az.: C-684/19).
Daraufhin trug die Gläubigerin vor, dass zwischen den verschiedenen Webportalen vertragliche Beziehungen bestünden, weshalb die Schuldnerin zumindest mittelbare Beziehungen zu den Websites gehabt habe, auf welchen die weiteren markenrechtsverletzenden Eintragungen gefunden wurden.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht gab der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin statt. Das Landgericht hat zu Unrecht Ordnungsmittel wegen eines Verstoßes gegen die durch das Anerkenntnisurteil titulierte Pflicht zur Unterlassung der Benutzung der Marke verhängt.
Dabei stützt sich das Gericht zum einen auf das bindende Urteil vom EuGH. Zwar betrifft diese Entscheidung zur Richtlinie 2008/95/EG unmittelbar nur Marken und nicht Unternehmenskennzeichen. Jedoch bestehen insoweit gleiche Regelungen, weshalb diese identisch auszulegen sind.
Zudem wurde angemerkt, dass es für die Entscheidung unerheblich ist, ob der Gläubigerin aufgrund der Einträge auf den verschiedenen Websites etwaige Folgenbeseitigungs- oder Schadensersatzansprüche zustünden. Solche sind nicht – auch nicht mittelbar – durch das Anerkenntnisurteil tituliert.
Es kommt allein darauf an, ob der Schuldnerin im Rahmen einer unmittelbaren oder mittelbaren Beziehung zu den betreffenden Websites ein pflichtwidriges Verhalten vorgehalten werden kann, indem die jeweiligen Betreiber in ihrem Auftrag und für Rechnung der Schuldnerin die Einträge veröffentlichten. Dies ist nicht der Fall, zumal die vertraglichen Beziehungen zwischen den Portalen dafür nicht ausreichen.
Anmerkung:
Es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung auf das Wettbewerbsrecht und Fälle von Unterlassungserklärungen übertragbar ist, zumal sie im Widerspruch zur bisherigen nationalen Rechtsprechung steht, wonach Unterlassungsschuldnern umfangreiche Recherche- und Löschungspflichten im Internet obliegen.