Im Verkaufscountdown beworbene Ware muss verfügbar sein
Die in einem Onlineshop beworbenen Produkte müssen vorrätig und lieferbar sein. Ist dies nicht der Fall, trifft den Betreiber die Pflicht, umgehend auf den knappen Warenbestand hinzuweisen. Tut er dies nicht, liegt eine unlautere geschäftliche Handlung vor (LG Ingolstadt, Urteil vom 15.06.2021 – Az.: 1 HKO 701/20).
Sachverhalt:
Eine bekannte Elektromarktkette hatte in ihrem Online-Shop zum Jahreswechsel 2019/2020 eine große Verkaufsaktion gestartet und warb dabei unter dem Motto „7 Tage – 7 Kracher“ mit einem Verkaufscountdown unter Einblendung einer ablaufenden Uhr. Im Rahmen dieser Aktion konnten Kunden einzelne Produkte tatsächlich weder online bestellen noch in den Märkten in Kassel oder Baunatal abholen.
Die Wettbewerbszentrale monierte diese Verkaufspraxis als irreführend, weil ein Verbraucher erwarte, dass die beworbenen Artikel bis zum Ablauf des Countdowns tatsächlich zum Kauf zur Verfügung stünden. Nachdem eine außergerichtliche Einigung scheiterte, erhob die Wettbewerbszentrale Unterlassungsklage vor dem Landgericht Ingolstadt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht schloss sich in seinem Urteil der Auffassung der Wettbewerbszentrale an und gab der Klage statt. Nach Ziffer 5 des Anhang (zu § 3 Abs. 3 UWG) liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung immer dann vor, wenn es sich um sogenannte „Lockangebote“ handelt. Ein solches liegt vor, wenn Waren- oder Dienstleistungen zu einem bestimmten Preis angeboten werden und der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen.
Wenn bestimmte Waren nicht vorrätig sind, trifft den Unternehmer eine entsprechende Aufklärungspflicht gegenüber dem Verbraucher. Bei der Frage der Angemessenheit kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Dabei ist auf einen durchschnittlichen Verbraucher abzustellen. Entgegen der Auffassung der Beklagten erwarte der Verbraucher von der streitgegenständlichen Werbung, dass sämtliche beworbene Produkte über den gesamten Aktionszeitraum durchgehend zum Verkauf (und zur sofortigen Lieferung) zur Verfügung stünden. Dies ergebe sich schon aus der Tatsache, dass das Aktionsangebot uneingeschränkt aufrechterhalten blieb und mit keinem Zusatz wie „nur solange der Vorrat reicht“ gekennzeichnet wurde. Dieser Eindruck werde durch die Verwendung des Countdowns noch weiter verstärkt.
Der Beklagten sei es auf der Website – im Gegensatz zur Printwerbung – jederzeit möglich gewesen, eine Aktualisierung des Warenbestands vorzunehmen. Diese Verpflichtung erstrecke sich aufgrund der Art und der Dauer der Werbemaßnahme auf den gesamten Aktionszeitraum. Insbesondere mit Blick auf das hohe Verbraucherschutzniveau und die der Beklagten erwachsenen Vorteile aus der Internetwerbung, ohne Hinweis auf unzureichende Bevorratung, sei eine entsprechende Aufklärungspflicht geboten. Eine solche Ergänzung oder Änderung hätte auch keine unzumutbare Belastung für die Beklagte dargestellt.