Widerrufsrechts bei individuell hergestellten Waren
Das grundsätzlich dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen besteht nicht, wenn die Waren für den Kunden individuell angefertigt werden oder speziell auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ist insoweit mit der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU vereinbar. Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass dies auch dann gilt, wenn der Verkäufer mit der Herstellung der bestellten Ware noch nicht begonnen hat (EuGH, Urteil vom 21.10.2020, Az. C-529/19).
Sachverhalt
Eine Verbraucherin kaufte auf einer gewerblichen Messe bei einem Möbelhändler eine Einbauküche. Dabei sollten Teile der Küche von einer Drittfirma individuell hergestellt werden. Noch bevor diese mit der Herstellung begonnen hatte, erklärte die Kundin den Widerruf und verweigerte die Annahme der Küche. Der Möbelhändler fertigte dennoch die Küche und verklagte die Kundin auf Abnahme und Zahlung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Er berief sich dabei auf den Ausschluss des Widerrufs bei individuell herzustellender Waren gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Beklagte wandte ein, dass das Unternehmen noch gar nicht mit der Herstellung der entsprechenden Küchen-Teile begonnen hatte und damit keinerlei Schaden entstanden sei. Der EuGH hatte auf Vorlage des AG die Frage zu entscheiden, ob der Verbraucherin ein Widerrufsrecht zustand, wenn der Verkäufer beziehungsweise die Drittfirma im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht mit der individualisierten Herstellung begonnen hat.
Entscheidungsgründe
Der EuGH entschied, dass das Widerrufsrecht der Verbraucherin ausgeschlossen war. Maßgeblich für das Vorliegen eines Widerrufsrechts ist der zugrundeliegende Kaufvertrag. Aus diesem müssen sich alle Rechte und Pflichten ergeben. Im Zeitpunkt des konkreten Vertragsschlusses war ein Widerrufsrecht nach Art. 16 lit. c) VRRL ausgeschlossen, weil die Einbauküche individuell angefertigt werden sollte. Es kommt somit nicht darauf an, ob der Unternehmer schon mit der Herstellung begonnen hat, zumal dies bei Vertragsschluss regelmäßig nicht der Fall ist.
Zu Fragen zum Bestehen eines Widerrufsrechts oder dessen Ausnahmen, beraten wir Sie gerne.