Bier ist nicht „bekömmlich“
Dass es bei der Bewerbung von Nahrungsmitteln mitunter sehr kreativ zugehen kann, hat jeder schon aktiv erlebt. Um allzu optimistischer Werbung bei Nahrungsmitteln Einhalt zu gebieten, wird dieser Bereich u.a. durch die sog. Health Claims Verordnung ((EG) 1924/2004) reguliert (vgl. Beitrag vom 16.10.2017).
Gerade gesundheits- und nährwertbezogene Angaben bzgl. Lebensmitteln sind kritisch zu begutachten. Das OLG Stuttgart hatte in einem aktuellen Fall über die Wettbewerbswidrigkeit einer Bierwerbung zu entscheiden. Dem Verfahren lag die Werbung einer Allgäuer Brauerei zugrunde, die online drei ihrer Biersorten mit dem Begriff „bekömmlich“ beworben hatte, um der Genusswürdigkeit und der Qualität des Bieres Ausdruck zu verleihen.
Der Verband Sozialer Wettbewerb aus Berlin empfand die Werbung als wettbewerbswidrig und mahnte die Allgäuer Brauerei wegen des Verstoßes gegen § 3a UWG i.V.m. der Health Claims Verordnung ab. Nachdem die Brauerei keine Unterlassungserklärung abgab, klagte der Verband Sozialer Wettbewerb den Unterlassungsanspruch beim Landgericht Ravensburg erfolgreich ein. Das OLG Stuttgart bestätigte mit seinem gestrigen Urteil (OLG Stuttgart, Urteil vom 03.11.2016, Az. 2 U 37/16) die Entscheidung des LG Ravensburg.
Gemäß Art. 4 IV 1 der Health Claims Verordnung ((EG) 1924/2004) dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent, wie das gegenständliche Bier, keine gesundheitsbezogenen Angaben enthalten. Das OLG Stuttgart ist dabei der Ansicht, dass es sich bei dem Begriff „bekömmlich“ um eine gesundheitsbezogene Angabe handelt. Im Einklang mit dem EuGH-Urteil vom 06.09.2012, in dem sich der EuGH mit der „Bekömmlichkeit“ von Wein (in Bezug auf einen reduzierten Säuregehalt) auseinandersetzte (EuGH, Urt. v. 6. 9. 2012 − C-544/10 – Deutsches Weintor), ist auch hier „bekömmlich“ als gesundheitsbezogen anzusehen.
Zwar enthielt das EuGH-Urteil keine generelle Regel für die Verwendung des Begriffs „bekömmlich“ bei alkoholischen Getränken, jedoch müssen Angaben zu alkoholischen Getränken frei von jeglicher Mehrdeutigkeit sein. Auch wenn das Wort „bekömmlich“ z.B. „gut verdaulich“ oder „zuträglich“ bedeuten könne, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die von alkoholischen Getränken ausgehenden gesundheitlichen Gefahren dadurch nicht vermindert werden. Diese Mehrdeutigkeit gehe zu Lasten der Brauerei. Das OLG Stuttgart hat zur endgültigen Klärung dieser Frage die Revision zum BGH zugelassen.
Bei Fragen zur Bewerbung von Lebensmitteln oder zur Zulässigkeit von gesundheitsbezogenen Angaben, beraten wir Sie gerne.