Unzulässige Streichpreise eines Online-Shops
Bei der Werbung mit Streichpreisen in einem Onlineshop muss es sich um ehemalige im Onlineshop geltende Preise handeln. Nicht erlaubt hingegen ist die Gegenüberstellung mit aktuellen Preisen aus dem stationären Handel – so das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 11.03.2021 – Az. 4 U 173/20).
Sachverhalt
Das beklagte Unternehmen vertreibt online und offline Fahrräder und Fahrradzubehör. Auf der Website wurde bei mehreren Produkten der aktuelle Preis über längere Zeit einem durchgestrichenen Preis gegenübergestellt, um Kunden zu zeigen, dass das Produkt im Moment günstiger angeboten wird. Bei den durchgestrichenen Preisen, die über die Zeit gleichblieben, handelte es sich um die jeweiligen Preise aus dem stationären Handel, während die aktuellen Online-Preise teilweise variierten. Daraufhin wurde das Unternehmen wegen wettbewerbswidrigem Verhalten abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, da die Bewerbung mit Preissenkungen, die schon mehr als drei bzw. sechs Monate zurückliegen, irreführend seien.
Nachdem die Beklagte dem Verlangen nicht nachkam, wurde sie in der erstinstanzlichen Entscheidung zur Unterlassung der entsprechenden Bewerbungen verurteilt (LG Bielefeld, Urteil vom 01.09.2020 – Az. 15 O 9/20).
Entscheidungsgründe
Die Berufungsinstanz bestätigte die Auffassung des Landgerichts. Demnach ist die beanstandete Werbung mit sogenannten „Streichpreisen“ in dem von der Beklagten betriebenen Onlineshop irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UWG.
Irreführend im Sinne dieser Norm ist eine geschäftliche Handlung dann, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingung, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird.
Werden Preise für ein Angebot durchgestrichenen Preisen gegenübergestellt, so muss sich aus der Werbung klar und deutlich ergeben, worum es sich bei den durchgestrichenen Preisen handelt. Für die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, kommt es maßgeblich darauf an, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht. Dabei kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung eine angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.
Eine Werbung mit Preisherabsetzungen ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie darf den Verkehr aber nicht über eine herausgestellte Sparwirkung und den besonders günstigen Preis irreführen. Eine solche Irreführung in den Fällen der Werbung mit Streichpreisen ist dann zu bejahen, wenn der frühere höhere Altpreis nicht, nicht ernsthaft, insbesondere nicht über einen längeren Zeitraum, oder nicht in letzter Zeit verlangt worden war, oder wenn überhöhte Preise angesetzt worden waren, um eine Preissenkung vortäuschen zu können, oder wenn sonst über das Ausmaß der Preissenkung irregeführt wird.
In dem Hinweisbeschluss führt das Gericht aus, dass ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher die beanstandete Werbung konkret auf den Onlineshop der Beklagten bezieht und diese so versteht, dass es sich bei dem gestrichenen Preis um den ursprünglich tatsächlich im Onlineshop geltenden Preis handelt und nicht etwa den aktuell auch noch in allen oder einzelnen Filialen geltenden Preis.
Zudem wurde die Auffassung des Landgerichts nicht beanstandet, die Werbung mit Streichpreisen sei irreführend, wenn der aktuelle Verkaufspreis bereits länger als sechs Monate verlangt wird, während der Streichpreis zuvor aber nicht über einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten verlangt wurde.
Wie lange der Zeitraum zurückliegen darf, in dem der höhere Preis gegolten hat, richtet sich nach der Verkehrsauffassung, wobei auf einen durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und durchschnittlich verständigen Verbraucher abzustellen ist. Diese Frage lässt sich nicht einheitlich beantworten, die Festlegung starrer Fristen ist ausgeschlossen. Maßgebend sind vielmehr die jeweiligen Umstände des Einzelfalls.
Während bei Nahrungs- und Genussmitteln sowie bei Verbrauchsgütern die Zeitspanne meist kürzer (4-10 Wochen) als bei anderen Waren oder Dienstleistungen zu bemessen ist, spielt auch das Medium der Werbung eine Rolle. So wird bei einer Zeitungsanzeige eine aktuelle Information erwartet, hingegen ein Katalog für eine längere Verwendungszeit aufgelegt wird.
Mit der Erwägung, dass es sich bei Fahrrädern einerseits um langlebige und durchaus hochpreisige Wirtschaftsgüter handelt, der Verbraucher andererseits aber insbesondere online laufend aktuelle Informationen erwartet, hat das Landgericht zutreffend einen Zeitraum von – vergleichsweise großzügig bemessenen – sechs Monaten als vertretbar angesehen. Auch der festgelegte Zeitraum von mindestens zwei Monaten, für den der ursprüngliche Preis ernsthaft verlangt worden sein muss, ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden.
Dabei erscheint es naheliegend, dass die ursprünglichen Preise typischerweise zu Beginn der „Fahrradsaison“ im Frühjahr gelten und im Spätsommer herabgesetzt werden, um Auslaufmodelle noch zu angemessenen Preisen zu veräußern, gleichzeitig aber bereits Lagerkapazitäten für neue Modelle zu schaffen.
Letztlich wurde noch einmal betont, dass es sich bei den Streichpreisen um tatsächlich vor der Preissenkung im Onlineshop verlangte Preise handeln muss.