Anforderungen an Abmahnung und berechtigte Gegenabmahnung
Eine Abmahnung unterliegt als vorprozessuale Handlung nicht den strengen Beweisgrundsätzen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie muss laut BGH nur den Sachverhalt und vermeintlichen wettbewerbsrechtlichen Verstoß genau beschreiben. Zudem ist eine berechtigte Abmahnung nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie eine Reaktion auf eine Abmahnung wegen eines vergleichbaren Verstoßes darstellt (BGH Urteil v. 21.01.2021 – Az.: I ZR 17/18).
Sachverhalt:
Ein gewerblich angemeldeter Amazon-Händler für Drucker und Druckerzubehör mahnte einen Konkurrenten wegen Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung auf eBay ab. Daraufhin mahnte der eBay-Händler seinerseits den Amazon-Händler ab und machte dabei geltend, dass in dessen Widerrufsbelehrung die im Impressum genannte Telefonnummer nicht angegeben war. Er bot gleichzeitig einen Vergleich an, wonach beide Seiten ihre wechselseitig gerügten Verstöße beseitigen und die Kosten gegeneinander aufheben. Zudem solle künftig bei etwaigen Verstößen zunächst ohne kostenauslösende Abmahnungen ein gütlicher Abstellungsversuch unternommen werden. Weil sich der Amazon-Händler darauf nicht einließ, verklagte der eBay-Händler ihn vor dem LG Bochum erfolgreich auf Unterlassung und vorgerichtlichen Aufwendungsersatz. Die Berufung vor dem OLG Hamm wurde nach beidseitiger Erledigungserklärung der Unterlassungsklage zurückgewiesen. Dagegen legte der Beklagte Revision ein. Der BGH hatte das Verfahren zunächst bis zu einer Entscheidung des EuGH in dem Verfahren I ZR 169/17 ausgesetzt. Dieser entschied durch Urteil vom 14.05.2020 (C-22/19, GRUR 2020, 753 = WRP 2020, 843 – EIS).
Entscheidungsgründe:
Das Gericht bestätigte die Auffassung des Berufungsgerichts und wies insbesondere auf folgende Punkte hin:
Soweit in der Revision gerügt wurde, dass das in der Klage verfolgte Unterlassungsbegehren zu unbestimmt und nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt sei, bestätigte der BGH die Auffassung des Berufungsgerichts. Er wies darauf hin, dass eine Abmahnung nach § 13 Abs. 2 UWG schon dann berechtigt ist – und zu einem Aufwendungsersatzanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG führt – wenn (nur) der genaue Sachverhalt und der darin erblickte Rechtsverstoß so klar und eindeutig bezeichnet ist, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann. Insoweit reiche es aus, die Verletzungshandlung in tatsächlicher Hinsicht so detailliert zu schildern, dass dem Abgemahnten durch die konkrete Beanstandung deutlich wird, was er abzustellen und künftig zu unterlassen hat. Demgegenüber unterliegt die Abmahnung eben nicht dem strengeren Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, sondern soll dem Abgemahnten den Weg einer Prozessvermeidung zeigen.
Das Gericht teilte zudem die Auffassung, dass eine berechtigte Abmahnung nicht deshalb rechtsmissbräuchlich sei, weil sie eine Reaktion auf die eigene Abmahnung ist. Rechtsmissbräuchliches Verhalten nach § 8c Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 UWG, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen aus § 8 Abs. 1 UWG unzulässig ist, liege insbesondere vor, wenn die Abmahnung vorwiegend dazu dient, einen Aufwendungsersatzanspruch oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Von einem Rechtsmissbrauch sei dabei auszugehen, wenn sich der Abmahnende von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Diese müssen nicht die alleinigen Motive sein, aber zumindest überwiegen. Auch die Gegenabmahnung stützte sich auf wettbewerbswidriges Verhalten und führte tatsächlich zu einer Klage. Insoweit sei kein sachfremdes Motiv erkennbar.
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, prüfen wir gerne deren Rechtmäßigkeit und unterstützen Sie bei dem weiteren Vorgehen.